Blutzuckerteststreifen : Keine
Verordnungsobergrenze bei insulinpflichtigem Diabetes !
Offizielle BestŠtigung einer kassenŠrztlichen Vereinigung
schafft Klarheit
Viele Patienten erhalten - trotz klarer Rechtslage - nicht die
benštigte Anzahl an Teststreifen. Aus Angst vor einem sog. "Regress"
wird hŠufig nur eine Maximalmenge pro Quartal verordnet, obwohl der Arzt selbst
eine hšhere Verordnungsmenge fŸr notwendig hŠlt. Erstmals liegt nun eine in
dieser Form klare und unmissverstŠndliche BestŠtigung einer offiziellen Stelle
vor, dass es keine Obergrenze zur Verordnung von Blutzuckerteststreifen zur
Behandlung von insulinpflichtigen Diabetes-Patienten gibt.
Die selbststŠndige Messung des Blutzuckerspiegels ist in der
Diabetes-Therapie nicht mehr wegzudenken. Ohne solche Selbsttests wŠre
Millionen von Patienten kein vernŸnftiges Leben mehr mšglich. Die rechtzeitige
Erkennung von lebensgefŠhrdenden Unterzuckerungen oder die Anpassung der
benštigten Insulindosis setzt die Kenntnis des aktuellen Blutzuckerwerts
voraus. Diabetes-Patienten nutzen hierzu portable MessgerŠte: ein kleiner
Blutstropfen auf wird auf einen Teststreifen aufgebracht und der Blutzuckerwert
nach wenigen Sekunden angezeigt.
Die Anzahl der am Tag benštigten Messungen hŠngt von der
Stoffwechselsituation und den LebensumstŠnden ab. Manche Patienten reichen nur
wenige Messungen; andere dagegen mŸssen sehr oft den Blutzucker bestimmen, um
Unterzuckerungen oder GefahrzustŠnde zu erkennen.
Aus diesem Grund dŸrfen insulinpflichtigen Patienten solche
Teststreifen in benštigter Anzahl auf Kassenrezept verordnet werden. Der Arzt
ist hierbei auch nicht in der Verordnungsmenge beschrŠnkt. Anders ist es nur
bei nicht insulinpflichtigen Patienten - dort ist die Verordnung grundsŠtzlich
auf bis zu 50 Teststreifen pro Behandlungssituation gedeckelt.
Vielen Patienten erhalten - trotz der klaren Rechtslage -
dennoch nicht die benštigte Anzahl an Teststreifen.
HŠufig gibt es Probleme bei der Teststreifenverordnung
Obwohl selbst die behandelnden €rzte eine hšhere
Teststreifenmenge fŸr notwendig halten, wird aus Angst vor einem sog.
"Regress" hŠufig nur bis zur einer bestimmten Hšchstmenge pro Quartal
verordnet. BegrŸndet wird dies mit der irrigen Annahme, dass eine
†berschreitung bestimmter Verordnungsmengen (in der Regel 400 StŸck/Quartal)
pauschal untersagt sei. Dies liegt wohl daran, dass die von Krankenkassen und
kassenŠrztlichen Vereinigungen hierzu vermittelten Informationen oft so
formuliert sind, dass €rzte die Rechtslage missverstehen. Auch wenn dort
zutreffend nur von "Richtgrš§en" oder "Orientierungsrahmen"
gesprochen wird - der Kontext suggeriert dennoch oft, dass es sich dabei um
zwingende Hšchstmengen handelt, die keinesfalls Ÿberschritten werden dŸrften.
Dazu RA Oliver Ebert, Betreiber des
diabetes-forum.de und zugleich auch Redakteur "Recht & Soziales"
des Diabetes-Journal:
"Mich erreichen permanent Anfragen von Betroffenen,
welche vom Arzt nicht die benštigte Teststreifenmenge erhalten. Und auch in
meinen zahlreichen VortrŠgen erlebe ich regelmŠ§ig, dass ein erheblicher Teil
der €rzte und Diabetesberaterinnen felsenfest behauptet, die
Teststreifenverordnung sei durch bestimmte Hšchstmengen ãgedeckeltÒ, die man
keinesfalls Ÿberschreiten dŸrfe. Mir sind sogar auch schon mehrere FŠlle
zu Ohren gekommen, in denen €rzte eine Teststreifenverordnung davon abhŠngig
machten, dass der Patient eine schriftliche Erlaubnis der Krankenkasse fŸr eine
solche Verordnung vorlegt. Eine solche BestŠtigung kann man aber nicht
bekommen, denn die Krankenkasse hat hier gar nichts zu entscheiden. Diese geben
den Ball dann wieder zurŸck und verweisen - zu Recht - auf die insoweit
uneingeschrŠnkte Therapie- und Behandlungsfreiheit des Arztes."
Den Patienten bleibt dann nur noch die Mšglichkeit, sich die
zusŠtzlich benštigten Teststreifen auf eigene Kosten zu beschaffen - was aber
gerade fŸr sozial schwache Menschen oft nicht mšglich ist.
"Dies hat mich zunehmend betroffen gemacht",
so Ebert, "es kann und darf doch nicht sein, dass Menschen die ihnen
zustehende Versorgung mit Teststreifen verweigert wird." Wie geht man
aber nun vor, um solche Unklarheiten und MissverstŠndnisse auszurŠumen ? Ebert
weiter: "Denn obwohl ich als Anwalt hierzu schon immer – sei es
in VortrŠgen oder Publikationen - klare Aussagen machte: so richtig geglaubt
wurde mir bei diesem Thema nur selten. Und wenn Patienten mit irgendwelchen
Zeitungsausschnitten zu diesem Thema kommen, wird das ebenfalls nur wenig
ernstgenommen. Die Skepsis der €rzte kann ich allerdings aber durchaus
nachvollziehen, denn wenn es wirklich zu einem Regress kommt, dann hat man als
Arzt natŸrlich erheblichen €rger. Die einzige Instanz, auf deren Aussage die
€rzte insoweit vertrauen, dŸrfte daher wohl die kassenŠrztliche Vereinigung
(KV) sein – denn diese wŠre fŸr die Einleitung solche Regresse
zustŠndig."
Offizielle Auskunft nach Informationsfreiheitsgesetz
Um endlich eine unmi§verstŠndliche und eindeutige Klarstellung
von offizieller Seite zu erhalten, hat Ebert nun die kassenŠrztliche
Vereinigung Westfalen-Lippe – aus dieser Region erreichten
ihn bislang die meisten Fragen - angeschrieben und um Beantwortung von vier
Fragen gebeten. Die Antwort kam auch prompt und enthŠlt nun die klare,
offizielle BestŠtigung: nein, es gibt keine Obergrenze zur
Teststreifenverordnung bei insulinpflichtigem Diabetes !
Es liegt damit nun erstmals eine klare und unmissverstŠndliche
BestŠtigung einer offiziellen Stelle vor, dass es keine Obergrenze zur
Verordnung von Blutzuckerteststreifen zur Behandlung von insulinpflichtigen
Diabetes-Patienten gibt.
Kein Arzt muss befŸrchten, allein durch die
†berschreitung der angegebenen "Richtgršssen oder
"Orientierungsrahmen" in Regress genommen zu werden.
Allerdings ist dies natŸrlich kein Freibrief: der Arzt darf -
wie bei jeder Verordnung von Medikamenten oder Hilfsmitteln - ein Rezept nur
ausstellen, wenn dies medizinisch notwendig ist und die verordnete Menge an
Teststreifen auch begrŸndet werden kann.
Klare Fragen – eindeutige Antworten !
Auf die Frage: ãGibt es eine verbindliche Verordnungshšchstmenge
fŸr Blutzuckerteststreifen bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus?Ò erfolgte
die klare Antwort: ãneinÒ !
Auch vorgegebene Richtgrš§en oder Orientierungsrahmen sind fŸr
den Arzt nicht bindend. Die KV bestŠtigt hierzu zutreffend: ãschon der
Begriff âOrientierungsrahmenÔ stellt klar, dass es sich nicht im Hšchstgrenzen
handeltÒ
Schlie§lich wollte Ebert auch eine Unklarheit bei nicht
insulinpflichtigem Diabetes ausrŠumen: viele €rzte gehen nŠmlich davon aus,
dass sie bei nicht insulinpflichtigem Typ2-Diabetes nur maximal 50 Teststreifen
pro Quartal verschreiben dŸrften. Das stimmt aber nicht, denn der Text in der
Arzneimittel-Richtlinie spricht nur von einer ãBehandlungssituationÒ –
und eine solche kann auch mehrmals pro Quartal vorkommen.
Auch hier hat die KV klar bestŠtigt: ãEs gibt keine
Begrenzung auf das Quartal !Ò
Offizielle BestŠtigung gibt Sicherheit fŸr Patienten und €rzte
Mit dieser offiziellen BestŠtigung sollten Patienten es kŸnftig
hoffentlich deutlich einfacher haben, etwaige Probleme bei der
Teststreifenverordnung zu lšsen. Und auch fŸr den Arzt bietet diese
BestŠtigung eine Sicherheit: denn es handelt sich dabei nicht um die blo§e
Aussage eines Teststreifenherstellers oder um eine einzelne juristische
Meinung, sondern um die amtliche BestŠtigung einer KV, die auch fŸr die
WirtschaftlichkeitsprŸfungen (und somit die ãRegresseÒ) bei €rzten zustŠndig
ist.
Die Arznei- und Hilfsmittelversorgung ist bundesweit einheitlich
gesetzlich geregelt, es gibt insoweit daher keine lŠnderspezifischen
Unterschiede. Die vorliegende Auskunft der KV Westfalen-Lippe gilt daher
bundesweit.
Das Anschreiben wie auch die Antwort der KV kšnnen Sie hier
herunterladen und ausdrucken.
Einen ausfŸhrlichen Artikel finden Sie im aktuellen Heft des Diabetes-Journal (Heft 4/2014)